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AutorenbildKilian Benno Moll

Abgrenzung: Der Weg zu einem authentischen Selbst

Abgrenzung ist ein zentrales Thema, das oft missverstanden wird. Es wird nicht selten mit Rückzug, Egoismus oder gar mangelndem Engagement verwechselt. Doch in Wahrheit steckt hinter dem Prinzip der Abgrenzung eine tiefe Weisheit: Es geht darum, einen inneren Raum zu schaffen, in dem man sich selbst wahrhaftig begegnen kann – ohne die ständige Beeinflussung durch äußere Erwartungen oder Anforderungen.


Dieser Prozess beginnt mit der Erkenntnis, dass jeder Mensch individuelle Bedürfnisse und Grenzen hat, die es zu respektieren gilt. In der heutigen Gesellschaft, in der die Anforderungen von außen stetig wachsen – sei es durch Arbeit, soziale Beziehungen oder familiäre Verpflichtungen – geraten diese persönlichen Grenzen häufig unter Druck. Menschen neigen dazu, ihre Bedürfnisse zurückzustellen, um den Erwartungen gerecht zu werden oder Konflikte zu vermeiden. Doch genau an diesem Punkt wird Abgrenzung wichtig: Sie dient nicht dem Rückzug, sondern vielmehr der Aufrechterhaltung eines gesunden Gleichgewichts zwischen den eigenen inneren Bedürfnissen und den äußeren Ansprüchen.


Es ist wichtig zu verstehen, dass Abgrenzung kein festes Konzept ist, das für alle gleich funktioniert. Vielmehr handelt es sich um einen persönlichen Prozess, der ständig in Bewegung ist. Die eigenen Grenzen können sich im Laufe der Zeit verändern und je nach Lebenssituation unterschiedlich verlaufen. In manchen Situationen mag es notwendig sein, sehr klare und feste Grenzen zu setzen, während in anderen Momenten eine sanfte Abgrenzung genügt, die Raum für Flexibilität lässt. Entscheidend ist, dass diese Grenzen bewusst gesetzt werden – sie entstehen nicht zufällig, sondern aus der tiefen Kenntnis und Achtung vor den eigenen Bedürfnissen heraus.


Abgrenzung ermöglicht es, eigene Prioritäten zu setzen und sich auf das zu konzentrieren, was einem wirklich wichtig ist. Wenn die eigenen Grenzen gewahrt werden, entsteht Raum für Klarheit. Man spürt deutlicher, was einem Energie gibt und was Energie raubt. Oft erkennen Menschen erst durch den bewussten Akt der Abgrenzung, dass sie sich in bestimmten Bereichen ihres Lebens verloren haben – in Verpflichtungen, die nicht ihren Werten entsprechen, oder in Beziehungen, die sie emotional auslaugen. Abgrenzung schafft nicht nur einen physischen, sondern auch einen emotionalen Raum, in dem man wieder zu sich selbst finden kann.


Es gibt jedoch auch Herausforderungen im Prozess der Abgrenzung. Wer beginnt, seine Grenzen klarer zu setzen, wird möglicherweise auf Widerstand stoßen – von außen, aber auch von innen. Viele Menschen kämpfen mit der Angst, durch Abgrenzung andere zu enttäuschen oder als unfreundlich wahrgenommen zu werden. Diese inneren Zweifel können es schwer machen, die eigenen Bedürfnisse über die Erwartungen anderer zu stellen. Doch gerade hier liegt der Schlüssel zur wahren Abgrenzung: Es geht darum, die Verantwortung für das eigene Wohlbefinden zu übernehmen und sich selbst an erste Stelle zu setzen, ohne dabei die Bedürfnisse anderer zu ignorieren.


Im Kern ist Abgrenzung also ein Akt der Selbstfürsorge. Sie ermöglicht es, in Kontakt mit den eigenen Gefühlen zu bleiben, anstatt sich von äußeren Einflüssen überwältigen zu lassen. Durch diesen Kontakt mit dem eigenen Inneren entsteht eine tiefe Verbundenheit mit dem authentischen Selbst. Man lernt, sich selbst und den eigenen Raum zu schützen, ohne dabei andere auszugrenzen oder abzuwerten. Es ist ein Prozess der Balance, bei dem das eigene Wohl im Mittelpunkt steht, während gleichzeitig Raum für andere bleibt – jedoch in einem gesunden Maß.


Der Weg zur Abgrenzung ist nicht immer leicht, aber er ist entscheidend für ein erfülltes und authentisches Leben. Indem man die eigenen Grenzen respektiert und schützt, schafft man die Grundlage für eine echte Verbindung zu sich selbst und anderen.

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